Herztransplantierter als Experte im Biologieunterricht
Bild: Herr Knicker vor den Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9.
Schon 1995, mit 37 Jahren, ereilte Hubert Knicker, von Beruf Krankenpfleger, eine Virusinfektion die eine schwere Herz-Muskel-Entzündung auslöste. Danach begann eine unendliche Leidensgeschichte bis ihm schließlich 2010, also 15 Jahre später, ein Spenderherz transplantiert wurde. Seit sieben Jahren lebt er nun damit. Die Erlebnisse, Ängste, Nöte und sein Wissen über die Abläufe von Organtransplantationen vermittelte er jetzt im Rahmen des Biologieunterrichts bei Herrn Seelhorst.
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) kamen 2018 in Deutschland auf eine Million Menschen im Schnitt 12 Spender, im Vorjahr waren es noch 12,8 gewesen. Über 10.000 Menschen stehen auf der Warteliste und hoffen seit dem auf ein neues Organ, doch nur noch knapp 700 Spender (ohne Lebendspende) haben im vergangenen Jahr postmortal Organe zur Verfügung gestellt. Insgesamt wurden annährend 3800 Organe übertragen.
„Häufig erkennt man die Not erst dann, wenn man selber betroffen ist“, so ergänzte Knicker, dem 2008 zunächst ein Kunstherz verpflanzt wurde.
„Damals wollte ich eigentlich nur noch sterben und fragte immer, warum das so schwer ist“, berichtete der inzwischen 56jährige weiter über die wohl schlimmste Phase seiner Leidensgeschichte.
Nach überstandener Herztransplantation im Herzzentrum Bad Oeynhausen schwor er sich, sich in Zukunft mehr für das Thema Organspende einzusetzen. Er referiert in regelmäßigen Abständen in der Kurklinik Porta Westfalica. Auch schrieb er alle Schulen im Umkreis an und bot Aufklärungsveranstaltungen an. „Leider mit sehr wenig Resonanz. Viele Schulen haben nicht einmal auf meine Anfragen geantwortet“, so Knicker leicht resigniert. An der Realschule Bünde-Nord wurde er dagegen mit offenen Armen empfangen.
Nach dem bewegenden Bericht über seinen Leidens- und Gesundungsweg entwickelte sich eine rege Diskussion mit den sichtlich beeindruckten Schülerinnen und Schülern der 9.Jahrgangsstufe. Viele Fragen wurden gestellt und beantwortet.
„Warum mussten Sie denn so lange auf ein Spenderherz warten?“ wollte Sophie aus der 9c wissen. „Zum einen fehlen natürlich extrem viele Spenderherzen, zum anderen unterlaufen Patienten, die auf der Hochdringlichkeitsliste stehen alle 8 Wochen eine Re-Evaluierung. Man schaut also, ob sich ihr Zustand verbessert hat. Ist das der Fall, wird der Kranke wieder aus der Kategorie hochdringlich ausgestuft. Damit erhält er dann auch keine Chance auf ein Spenderorgan. Er muss wieder warten“, erläuterte Knicker, dem das oft so erging.
Seine Motivation für die Aufklärungsarbeit begründet er ganz einfach: „Ich kann nur hiermit meinen Dank an meinem unbekannten Spender weitergeben und hoffen, dass ich den vielen noch Wartenden auf den Hochdringlichkeitslisten hierdurch helfen kann“.
Folgerichtig hatte er reichlich Material dabei (diverse Infobroschüren, Filme und Organspendenausweise). „Diese werden in den kommenden Stunden im Unterricht eingesetzt, so dass sich die Jugendlichen auf der Grundlage guten Fachwissens ein eigenes und umfassendes Bild zum Thema Organspende machen können. Wir werden deshalb auch Kritiker und die Eltern der Schüler zum Thema hören. Nur so können die Schüler eine adäquate Entscheidung treffen. Entweder dafür oder dagegen“, verlautete Herr Seelhorst zum Abschluss.
(BRO)