Kunstturnen: Der zwölfjährige Luan Böhme (6a) gehört zu den größten Talenten seiner Altersklasse in Deutschland

Auch deshalb steht für ihn der Wechsel ins Sportinternat nach Hannover an.  

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Kein Problem: Luan Böhme zeigt in der Sporthalle der Realschule eine Haltefigur und hat noch ein Grinsen für den Fotografen über. Im Kunstturnen und vielleicht ja an den Ringen möchte sich der 12-Jährige einen Traum erfüllen – den von den Olympischen Ringen. 

Aufschwung, Umschwung, Handstand, Spagat oder Überschlag – was für den einen oder anderen Schüler manches Mal zu einer kaum zu bewältigenden Aufgabe im Sportunterricht werden kann, ist für Luan Böhme sportlicher Alltag. Der 12-jährige Schüler der Realschule Bünde-Nord gehört zum Talentkader des Deutschen Turner- Bundes und damit zu den besten Kunstturnern in seiner Altersklasse in ganz Deutschland. Dafür betreibt er auch einen entsprechenden Aufwand. Fünf- bis sechsmal die Woche trainiert Luan im Landesleistungszentrum in Hannover, und das jeweils gleich mehrere Stunden lang. Mit sieben Jahren fast schon ein Späteinsteiger „Ich habe zuhause schon als kleines Kind immer Räder geschlagen oder Handstand gemacht“, berichtet Luan von seinen Anfängen. „Da hat meine Mutter gesagt, du musst in den Turnverein.“

Die sportlichen Anfänge des Zwölfjährigen lagen jedoch zunächst im Ballett, was sich allerdings als Glücksfall erwies. Die dortige Lehrerin stellte den Kontakt zu dem aus Bünde stammenden Christoph Henning, zu der Zeit niedersächsischer Landestrainer, her. Der schaute sich Luan beim Training an, stellte schnell dessen außergewöhnliches Talent fest und empfahl den Schritt in den Leistungsbereich. Somit wechselte der junge Turner im Oktober 2015 vom BTW Bünde zur Vereinigten Turnerschaft (VT) Rinteln im Kreis Schaumburg, dem niedersächsischen Landes-Stützpunkt. „Beim BTW gibt es zwar auch einen Leistungsbereich, allerdings nur für Mädchen“, bedauert Luans Mutter Anja Böhme. Mit seinen damals sieben Jahren war er allerdings schon so etwas wie ein Späteinsteiger. „Im Turnen beginnt der Leistungsbereich eigentlich schon mit fünf Jahren“, erzählt Anja Böhme. Dreimal in der Woche trainierte Luan zunächst in Rinteln, zusätzlich stand am Samstag noch eine Einheit im Landesleistungszentrum in Hannover an. Nach einiger Zeit aber war klar, dass Luan so talentiert war, dass er den nächsten Schritt machen und komplett zum Landesleistungszentrum nach Hannover wechseln konnte. Seit gut vier Jahren also nehmen der Zwölfjährige und seine Familie bis zu sechsmal in der Woche die gut 100 Kilometer über die A2 nach Hannover auf sich, nur der Sonntag ist ein freier Tag.

Die Hausaufgaben werden dann auch schon einmal im Auto gemacht, erst gegen 20.30 Uhr am Abend kehren die Böhmes nach Hause zurück. „Das ist schon irgendwie Wahnsinn“, meint Anja Böhme, stellt aber auch klar: „Wir machen das nur, weil er das auch wirklich selbst will. Wenn die anderen ins Schwimmbad gegangen sind, wenn das Training mal ausgefallen ist, saß er mit Tränen in den Augen im Auto, weil er unbedingt trainieren wollte.“ Da ist es nur wenig überraschend, dass Luan ein klares sportliches Ziel für die Zukunft vor Augen hat: „Ich möchte einmal an den Olympischen Spielen teilnehmen“, sagt Luan, dessen Lieblingsgerät der Sprung ist, entschlossen. Nächster größerer Wettkampf sind die Deutschen Jugendmeisterschaften, die für Ende Mai geplant sind. „Wir hoffen, dass sie stattfinden können“, so Anja Böhme.

Vom Engagement der gesamten Familie ist auch Guido Broziewski Blomenkamp nachhaltig beeindruckt: „Ich bewundere das sehr, wie Luan und seine Familie das alles managen und auch seine Noten ordentlich sind“, sagt der Leiter der Realschule Bünde-Nord, der übrigens auch Luans Sportlehrer ist. „Turnen haben wir im letzten Halbjahr nicht so viel gemacht, aber da ist er praktisch eine zusätzliche Lehrkraft, weil er natürlich in einer ganz anderen Liga turnt, als die anderen Schüler*innen“, erklärt der Schulleiter.

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Die Realschule Bünde-Nord wird aber voraussichtlich nur noch bis zu den Sommerferien die schulische Heimat des Bünders sein. Zum neuen Schuljahr wechselt das Nachwuchstalent in das Lotto- Sportinternat des Landessportbunds Niedersachsen in Hannover. Die beinahe täglichen Fahrten in die Landeshauptstadt entfallen dann. „Luan möchte diesen Schritt machen“, sagt Anja Böhme. Sechs Betreuerinnen und Betreuer kümmern sich dort um die insgesamt 75 Kinder und Jugendlichen des Vollzeit-Internats aus unterschiedlichen Sportarten. Dort möchte der junge Bünder dann seinem Traum von Olympia ein Stückchen näherkommen.  

(Fotos und Text: NW, BJÖRN KENTER)