Umgang mit Großschadensereignissen geübt - Notfälle und Krisen im schulischen Kontext

Qualm dringt aus den Fenstern, Schüsse sind auf den Schulfluren zu hören, verletzte Schüler liegen auf dem Parkplatz. Statistisch betrachtet passiert es in jeder Schule – zumindest irgendwann! Gemeint ist das Eintreten einer Großschadenslage oder Krisensituation wie beispielsweise Brandfall, Amoklauf, Schulbusunfall, Suizid, Geisellage oder auch Kindesentführung.

1Moderatoren

Das Lehrerkollegium unserer Schule führte gemeinsam mit allen weiteren Mitarbeitern und Angestellten der Schule zu diesem Themenkomplex eine ganztägige schulinterne Lehrerfortbildung unter der Leitung von Philip Hergt (Crisis Consulting) und Mitarbeiterin Carolin Raming-Freesen durch.

Im Vordergrund standen dabei 2 Fragen:

  • Wie kann man eine Zusammenarbeit mit Feuerwehr und anderen Einsatzkräften (Polizei, Seelsorger, etc.) bei Großschadensereignissen effektiver gestalten und
  • Wie kann jede Lehrkraft direkt und möglichst angemessen auf jede Krisensituation reagieren?

2Folie

„Durch eigenmächtiges Vorgehen, fehlende Kommunikation oder auch Nichteinhaltung von Meldewegen können Krisensituationen verschärft werden. Hier kann Handlungswissen über typische Stolpersteine durchaus lebensrettend sein. Das ist uns im Sinne aller Menschen an unserer Schule wichtig“, so Fortbildungskoordinator und 2.Konrektor Guido Broziewski Blomenkamp zur Zielorientierung der Maßnahme.

Moderator Philip Hergt ist schon seit 15 Jahren im „Blaulichtmilieu“ tätig (Zug- und Verbandsführer bei Feuerwehr sowie Rettungsdienst; Leitender Notfallseelsorger; Landesbeauftragter für Psychosoziale Notfallversorgung Niedersachsen; Organisatorischer Leiter Rettungsdienst; Leiter der DRK Rettungshundestaffel Osnabrück) und weiß, dass Arbeitsweisen von Schulen und BOS-Systemen (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) häufig sehr gegensätzlich sind. „Jeder Krisenfall beinhaltet eine Chaosphase, die nur durch eine intensive Vorbereitung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Daher sollte das Krisenteam einer Schule für den Ernstfall gerüstet sein und wissen, wann man welche Maßnahme einleiten sollte. Das schafft Handlungssicherheit“.

3Vortrag

Zum Krisenmanagement gehört beispielsweise auch die optimale Nutzung von externen Ressourcen, wie die zügige Einbindung von Betreuungspersonal (Notfallseelsorger, Kriseninterventionshelfer, Katastrophenschutz, und Personen anderer Hilfsorganisationen), die Information von Angehörigen, sowie die geeignete Pressearbeit und die Kenntnis über Pressehoheit im Ereignisfall. Auch Wissen über Führungsvorgänge ist im Krisenfall entscheidend, um die Chaosphase kurz zu halten. Die Beachtung des „Highlanderprinzips“ („Es kann nur einen geben“), hat dabei oberste Priorität um Kompetenzüberschreitungen zu vermeiden. Ist also ein Einsatzleiter der Blaulichtkräfte anwesend, hat nur dieser die Befehlsgewalt. Die Verantwortung des Schulleiters sinkt. „Wer führen will, muss frei sein von eigenen Aufgaben“, war ein Satz den die Teilnehmer der Fortbildung entsprechend häufiger von Philip Hergt zu hören bekamen.

4Feuerwehrjacke

Auf Wunsch der Schule wurde der Aspekt „Zielgerichtete Gewalt und Bedrohungslage“ am Beispiel des Amokfalles vertieft. Hierzu führten Herr Hergt sowie Mitarbeiterin Carolin Raming-Freesen (Presse und Öffentlichkeitsarbeit) zunächst ein Beschussgewöhnungstraining mit Platzpatronen im Schulkomplex durch. Falsche Orientierungsreaktionen des Menschen (nachschauen, was denn da los ist) sollten nämlich im Amokfall (Schoolshoting) vermieden werden. Vorsorglich wurden dazu auch die benachbarten Schulen im Schulzentrum Nord und die Polizei informiert, um Fehlinterpretationen der Übung zu vermeiden.

Im Zusammenhang der Gefahrenabwehr waren Übungen zur Herstellung eines sicheren (Klassen)Raumes sehr anschaulich und bleiben wohl lange im Gedächtnis der Teilnehmer. Dazu gehörten das effektive „Verschanzen“ im Klassenraum, ein sicheres Verschließen der Türen, das Aufsuchen von schusssicheren Ecken in Räumen sowie das möglichst lautlose Agieren dabei. Typische Fehler wurden durch die Moderatoren aufgezeigt. Bilder dürfen dazu aus Sicherheitsgründen nicht gezeigt werden.

Abschließend stand noch die Bearbeitung von Realbeispielen im Vordergrund. Hierbei mussten die Teilnehmer zu tatsächlich an anderen Schulen stattgefundenen Großschadensereignissen (Suizidgeschehen und Angriffen auf einer Klassenfahrt) ihr erworbenes Wissen anwenden und das Krisenmanagement im Planspiel bewerkstelligen. Das sich „Bauchentscheidungen“ hier kontraproduktiv auswirken, wurde schnell deutlich. So wurde nochmals der Blick auf Verantwortungen (wer informiert wen?) und Zuständigkeiten (wer hat wann die Befehlsgewalt?) geschärft. Und das alles in der Erwartung, dass es hoffentlich nie geschehen wird…!?

(BRO)