Unser SV Team in Berlin: Eine Reise in die Vergangenheit und ein Blick in die Zukunft

Drei Tage lang tauchten unsere Schülervertreterinnen Imam, Corinna, Mia, Linda und Pauline mit den begleitenden Lehrkräften Frau Schoenfelder und Herrn Usling tief in die Geschichte der deutschen Demokratie und ihrer dunklen Schattenseiten ein. Gemeinsam mit Schülervertretern anderer Schulen aus OWL, dem Gesamteuropäischen Studienwerk (GSW) und der Stätte der Begegnung setzten sich die Jugendlichen im Rahmen einer Demokratiewerkstatt Berlin mit den historischen Verbrechen des Nationalsozialismus und der Frage, wie Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Ausgrenzung in unserer Gegenwart wirken und was jede*r dagegen tun kann, auseinander.

 Tag 1: Jüdisches Museum Berlin: Einblicke in das Judentum und die Architektur 

Unser erster Tag begann mit einem Besuch im Jüdischen Museum Berlin. Hier setzten wir uns intensiv mit der Geschichte des Judentums in Berlin auseinander. Die beeindruckende Architektur des Libeskind-Baus bot einen eindrucksvollen Rahmen für die Ausstellung, die uns die Vielfalt und die Herausforderungen der jüdischen Geschichte näherbrachte. Die Schülerinnen und Schüler waren besonders von den interaktiven Elementen der Ausstellung begeistert, die das Lernen lebendig und greifbar machten. 

Gewalt gegen Juden bedeutet

„Demütigung und Misshandlung, Schändung von Friedhöfen und Synagogen, Zerstörung von Geschäften und Wohnungen, Mord. Vor allem auf dem Land und in kleinen Städten bedrohte Gewalt jüdisches Leben. Viele Landgemeinden lösten sich auf. Ihre Mitglieder wanderten aus oder zogen in die Anonymität der Großstädte, in der Erwartung, dort geschützter zu sein“, betont die Mitarbeiterin Thekla.

Auswandern – doch wie?

Die Entscheidung, Deutschland zu verlassen, wurde von bürokratischen Hürden erschwert: Abmeldevorschriften am Ort, Einreisevisa für das Ausland. Besteuerungen und Sonderabgaben raubten die emigrationsbereiten Familien aus. Dennoch gelang es mehr als der Hälfte der deutschen Juden, in über neunzig Ländern Zuflucht zu finden. In den europäischen Nachbarländern wurden viele im Laufe des Krieges von den deutschen Besatzern eingeholt.

Praxisschild von Oscar Hirschberg

Ein Davidstern auf gelbem Grund und ein Text, den man nicht missverstehen kann: Das Praxisschild der Berliner Klinik von Dr. Oscar Hirschberg zeigt an, dass er nur noch Juden behandeln durfte. Den zweiten Vornamen „Israel“ musste er hinzufügen. Alle jüdischen Männer waren ab Januar 1939 gezwungen, diesen zusätzlichen Namen zu führen.

Leerstelle des Gedenkens

Der Architekt Daniel Libeskind hat an mehreren Stellen des Museums Schächte geschaffen, die Voids, die durch alle Stockwerke reichen. Sie stehen für Zerstörung, Verlust und Abwesenheit.

Dieses Void, die „Leestelle des Gedenkens“ enthält ein Werk des israelischen Künstlers Menashe Kadishman. Er nennt seine Installation Gefallenes Laub. Über 10000 Gesichter aus schwerem Metall bedecke den Boden wie Herbstblätter. Der Künstler hat sie allen Opfern von Krieg und Gewalt gewidmet.

 

„Der Besuch im Jüdischen Museum war sehr emotional, bewegend und informativ, weil wir viel über das jüdische Leben und die Geschichte erfahren haben. Am meisten hat uns die Installation „Gefallenes Laub“ berührt. Hier gingen wir über viele metallene Gesichter von Männern, Frauen und Kindern. Das Geräusch war laut und angsteinflößend. Es erinnert uns an die vielen Menschen, die im Holocaust gestorben sind. “, äußern Linda, Pauline, Corinna, Mia und Imam sehr nachdenklich.

Hinter jedem Gesicht und jedem Namen steckt eine Geschichte

Anlässlich des Internationalen Tags der Opfer von Verschwindenlassen (30. August) entstand 2021 ein Kunstwerk, das Porträts, Namen und Forderungen von Opfern dieses schweren Menschenrechtsverbrechens zeigt. Insgesamt finden 70 Personen eine bildliche und/oder namentliche Darstellung.

Das Anne Frank Zentrum in Berlin befindet sich neben den Hackeschen Höfen im Haus Schwarzenberg in der Rosenthaler Straße 39 in Berlin-Mitte.

 

Im Anne Frank Zentrum arbeiteten wir an verschiedenen Stationen. So konnten wir die Geschichte von Anne Frank und ihrer Familie hautnah erleben.

Es war bewegend zu sehen, wo und wie Anne Frank während des Zweiten Weltkrieges versteckt lebte. Die Atmosphäre des Hauses, die bewegenden Geschichten und die Auseinandersetzung bzw. der Vergleich mit unserer eigenen Lebenswelt, haben uns berührt und regten zu Diskussionen über Toleranz und Menschenrechten an.

Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt

In diesem Haus befand sich die Blindenwerkstatt von Otto Weidt.  Hier arbeiteten in den Jahren 1940 bis 1945 vornehmlich jüdische Blinde und Taubstumme. Unter Einsatz seines Lebens beschützte Weidt sie und tat alles, um sie vor dem sicheren Tod zu retten.

 

Im Scheunenviertel erkundeten die Jugendlichen die jüdische Geschichte Berlins und erfuhren mehr über das Leben der jüdischen Gemeinschaft in der Stadt. Diese Erkundungstour brachte den Schülern die kulturelle Vielfalt und die Herausforderungen näher, mit denen Juden heute konfrontiert sind, z. B. Sicherheitszäune um Schulen sowie Polizeischutz.

Gedenkstätte Sachsenhausen

Die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen bot uns die Möglichkeit, sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus zu beschäftigen. Die Besichtigung war ein emotionaler und nachdenklicher Moment, der – dank des Gedenkstättenmitarbeiters Salvatore Trapani -  dazu anregte, über die Bedeutung von Erinnerungskultur und der Verantwortung der heutigen Generation nachzudenken.

 

Tag 3: Perspektivenwechsel und kulturelle Erlebnisse 

Der dritte Tag begann mit einem vierstündigen Workshop bei "7xjung - dein Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt". Diese Veranstaltung regte unsere Schülerinnen und Schüler dazu an, ihre eigene Haltung zu überdenken und neue Perspektiven einzunehmen. Die Übungen und Diskussionen förderten den Zusammenhalt und das Verständnis für Vielfalt und Respekt im Alltag.

Ein kulturelles Highlight unserer Demokratiewerkstatt war der Besuch der Show "Falling in Love" im Friedrichstadt-Palast. Die beeindruckende Inszenierung und die künstlerische Darbietung boten einen wunderbaren Abschluss unserer Reise und zeigten, wie Kunst und Kultur Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen können. 

Das Stück greift das Gefühl der Unsicherheit und des Wandels auf, dass viele Menschen in dieser Zeit erleben. Die Protagonisten glauben an die Schönheit der Welt und an das Gute im Menschen.

Fazit: Eine bereichernde Erfahrung 

„Die drei Tage in Berlin haben unseren Schülervertreterinnen eindrucksvoll gezeigt: Es gibt in jeder Epoche Momente, in denen Menschen die Gesellschaft zum Besseren oder

Schlechteren beeinflussen können. Gerade die Beschäftigung mit der Geschichte des

Nationalsozialismus macht deutlich, wie schnell eine Gesellschaft in autoritäre

Strukturen abrutschen kann – wenn zu viele schweigen“, betonte Lehrerin Elke Schoenfelder. Die Teilnehmenden erkannten, dass es Mut braucht, für sich selbst und andere einzustehen, und dass Wegschauen niemals eine Option ist.

„Die Demokratiewerkstatt Berlin war für alle Schülerinnen und Schüler des Workshops eine Bereicherung! Ich habe vor allen Dingen gemerkt, wie groß das Interesse an der Verknüpfung zwischen Vergangenheit und Aktuellem ist. Sowohl die Arbeit in der Gedenkstätte Sachsenhausen wie auch der Besuch des jüdischen Museums haben dies gezeigt. Der Workshop „7xjung“ am Ende hat dann einen passenden Rahmen geschaffen und das Abendprogramm im Friedrichstadt-Palast ist sicherlich auch etwas, woran die jungen Menschen sich noch lange erinnern werden. Ich freue mich bereits darauf, die gelernten Aspekte gemeinsam mit unserer SV im schulischen Alltag zu verzahnen“, resümierte SV-Lehrer Daniel Usling.

(Text und Fotos: SCH/Gestaltung MUL)